Martin Boschmann schaut in seiner Laudatio auf das erfolgreich abgeschlossene Studium zurück und lässt die Zeit an der Universität Leipzig Revue passieren.

Sehr verehrte Frau Rektorin Obergfell
Sehr verehrte Frau Prof. Liebers, Sehr geehrter Herr Dr. Biegholdt
Sehr geehrter Herr Dr. Ronthaler, Sehr geehrter Herr Biedermann
Sehr geehrter Herr Dr. Peters
Und auch wenn heute nicht anwesend, möchte ich trotzdem wertschätzend begrüßen
Frau Dr. Lehmann sowie Frau Dr. Köhler, Herrn Dr. Forche und Herrn Dr. Schotte, Herrn Dr. Lindenfelser sowie Frau Dr. Romina Schmidt
Herrn Prof. Wollring, Herrn Senf
Herrn Dr. Weser und Frau Dr. Jacob
Herrn Hoffmann und Herrn Sindermann sowie Herrn Zachrau

Aber vor allem,
liebe Abschlussklasse der Studiengänge Grundschullehramt und Sonderpädagogik des Sommersemesters 2022
Könnt ihr euch noch an euren ersten Tag erinnern? Den ersten Tag in der (vielleicht) neuen Stadt Leipzig, den ersten Tag an der Universität? Wisst ihr noch, als ihr erstmal angekommen seid, aufgeregt wart, eure erste Frage in einem Seminar gestellt habt, das erste Mal in der Mensa wart? Könnt ihr euch an den Moment erinnern, als ihr euren Studentenausweis validiert habt
und wie gespannt man immer war, ob diesmal das Datum zu erkennen ist? Gestern noch war ich mit dem Regionalexpress in Berlin unterwegs und als der Schaffner kam und ich stolz meinen Studentenausweis zeigte (Stichwort 9 Euro-Ticket), schaute der Kontrolleur erst auf das Gültigkeitsdatum der Uni-Karte und dann tief in meine Augen: „Ach ja, das Problem mit dem Leipziger Studentenausweis“, sagte er. Liebe Abschlussklasse, unsere Uni-Karte ist also
deutschlandweit bekannt, das muss man erstmal schaffen. Einige von euch erinnern sich vielleicht auch an eine verpasste Bücherrückgabe in der Bibliothek und die drohende Strafe von 50 Cent, immerhin 1/4 Nudelteller in der Mensa. Und kennt ihr noch die Semester, wo man ständig Ortswechsel hatte? Prager Str., Augustusplatz, Dietrichring, Sportforum Süd, und das alles im 90 Min. Takt. Das war immer unser Sportunterricht, indem wir mehrere km zurücklegten und es schnaufend gerade rechtzeitig in die Seminare schafften. Ach ja, und die Semester-Beutel, die meistens am Anfang des Semesters kostenlos verteilt wurden, mit Energy Drinks, Kugelschreibern und Gutscheinen. Was hatte der eine Student für ein Glück, den ich damals beobachtete. Er bekam die gesamte Kiste mit 30 Semester-Beuteln geschenkt und das
nur, weil die Leute, die die Semester-Beutel verteilten, frühzeitig Feierabend machen wollten. Ähnlich wie bei einem Lotto-Gewinn freute sich der Student und rannte schnell nach Hause, denn er wusste, wie begehrt seine Uni-Beutel waren. Oft haben sich die Semester-Beutel schneller verbreitet als so manche Notenbekanntgabe von Hausarbeiten.


Eigentlich möchte ich in meiner Rede nur 3 Dinge ansprechen.

1: Erstens möchte ich Danke sagen!
- Wir hatten das Glück, in mehreren Fächern ausgebildet zu werden. In manch anderen Bundesländern wird man lediglich in zwei, maximal in drei Fächern ausgebildet. Wir wurden in vier Fächern ausgebildet.
- Wir hatten mehrere Praktika, von Anfang an, und damit einen hohen Praxisbezug.
- Es gab die Sprecherziehung (hier darf man ruhig noch einmal den Namen Frau Lemke erwähnen), ebenfalls ein wichtiges Handwerkszeug, das vielerorts nach der Wende abgeschafft wurde – die Uni Leipzig ist sich hier stets treu geblieben.
- Wir haben ein (wieder eingeführtes) Staatsexamen
- Und wir hatten die Möglichkeit an unzähligen Kursen und Exkursionen teilzunehmen: Debattier-Trainings, Seminare über Lese-Rechtschreibschwäche, Erste Hilfe und Microsoft Office Kurse, Ausflüge zu einer Blindenschule nach Chemnitz, Workshops, wie man ein Smartboard in einem Klassenzimmer bedient, Vorlesung im Cinestar, Seminare, wie man als Lehrer gesund bleibt, Hochschulsport (bei dem der eigentliche Sport es war, sich punkt
9 Uhr in einen der Kurse einzuschreiben, denn innerhalb von 3 Sekunden war alles belegt)
- Einige, die hier unter uns sitzen waren sogar für drei Wochen auf einer Indien-Exkursion, um dort zu unterrichten. Ein vielfältiges Programm also, das uns angeboten wurde. Man musste nur motiviert sein und die Vorlesungsverzeichnisse durchforsten, dann eröffneten sich alle Möglichkeiten.
Neulich habe ich aus Spaß folgendes gegoogelt: Grundschullehramt Ranking Deutschland. Uni Leipzig war auf Platz 1. Und eine befreundete Person meiner Familie, die ehemalige Chefin aller Grundschulen zu DDR-Zeiten, heute eine betagte Dame, meinte neulich zu mir: „Wenn Grundschullehramt, dann Leipzig“. So wie wir bei den Kindern und Schülern später in Erinnerung bleiben wollen, gibt es bestimmt auch tolle Dozenten, vielleicht sogar Persönlichkeiten, die uns hier an der Universität Leipzig geprägt haben.

Danke an die Verantwortlichen und Dozenten für diese exzellente Ausbildung!
Danke an die Eltern und Großeltern, Geschwister, Verwandte, Freunde und Partner, die uns seelisch und auch finanziell unterstützt haben. Einige Eltern werden jetzt wahrscheinlich aufatmen, da sich das Referendariat auch auf das Konto der Eltern positiv auswirkt. Besonders wichtig ist mir aber folgender Dank: In diesen Zeiten, indem es immer mehr Menschen gibt, die nur am meckern sind - Danke, dass wir in einem tollen Land leben, wo
Bildung kostenlos ist. Das ist nicht selbstverständlich.

2: Was ist eigentlich so in der Welt passiert, während wir studiert haben?
- Der Spritpreis war unter 1 Euro und dann sogar über 2 Euro (was für eine wirtschaftliche Schwankung)
- Viele haben das erste Mal einen Kanzlerwechsel erlebt
- Und auch an dem Thema Corona kommen wir nicht vorbei, machte die digitale Lehre doch fast die Hälfte unseres Studiums aus.
Es fehlten reale Kontakte, Mensa- und Bibliotheksbesuche, vor allem aber der reale Austausch in den Seminaren. Es ist doch wichtig, dass man in den Seminaren auch mal Grenzen austestet, provoziert, Welpen-Schutz genießt, alles Dinge, die man später beim Elternabend nicht mehr machen kann, sich auszuprobieren. Und während in den Medien oft von Grundschulkindern,
Abiturienten oder allgemein Schülern geschrieben wurde, blieben wir Studenten ein wenig unerwähnt, wenn ich das mal so sagen darf.
Andererseits lernten wir auf einmal neue Technik-Skills und neue Wörter kennen, wie z.B. Zoom oder Big Blue Button. Und weil gefühlt jeder Dozent in seinem Kurs eine andere Plattform wählte, hatten wir auf einmal 20 neue Standard-Webseiten auf unseren Rechnern, 200 neue digitale Programme und 2000 neue Passwörter.
Ach ja, und die Prüfungsformate waren neu. Auf einmal durften wir die Prüfungen zu Hause ablegen. Teilweise hatten wir deutlich mehr Zeit. Wir verglichen uns mit anderen Jahrgängen und wägten ab, ob wir nun eher im Vorteil oder eher im Nachteil wären. Auch geschummelt wurde in den HomeOffice-Klausuren, also habe ich gehört. Es war dabei gar nicht so einfach sich zu entscheiden, ob man den Google-Joker, den Telefon-Joker oder den Nachbars-Joker nimmt. Manchmal hat man aus dem Zug an einem Seminar teilgenommen und manchmal aus der Mensa, ein andermal aus der Hotel-Lobby und was gab es Schöneres, als in der Bibliothek an Seminaren teilzunehmen, denn dann hatte man nämlich immer das beste Argument, das „K.O.- Argument“. Das K.O.-Argument lautete folgendermaßen: „Leider kann ich weder Kamera noch Ton einschalten, da ich gerade in der Bibliothek bin“. Vielleicht gibt es ja bald Studien darüber, was eigentlich alles so passiert ist, als Ton und Kamera ausgeschaltet waren. Ich z.B. war letztes Jahr wandern, mitten in der Prüfungsphase. In 8 Tagen lief ich zu Fuß von Bayern über Österreich bis nach Italien. Im Rucksack hatte ich meinen Laptop. Abends lernte ich in den Almhütten und auf 3.000 Meter Höhe hatte ich dann per Zoom meine Prüfung. Im Hintergrund sah man den Schnee. Erst danach fiel mir auf, wie dumm das von mir war. Wäre zu diesem Zeitpunkt ein Gewitter aufgezogen, wäre ich durch meinen Laptop (bestehend aus Metall) zum menschlichen Blitzableiter geworden. Wir sehen also: Prüfungen sind gefährlich.
Fakt ist, wir haben gewissermaßen Geschichte geschrieben und versucht, das Beste aus der Pandemie zu machen.

3: Noch ein Ausblick in die Zukunft:
In verschiedenen Biwi-Kursen und Studien erfährt man immer wieder, dass ein großer Teil der Lehramtsstudenten auf lange Sicht nie eine Klasse unterrichten wird. Zumindest bei Oberschul- und Gymnasiallehramt ist das so. Bei Grundschule und Sonderpädagogik ist das glücklicherweise etwas anders. Ein Dozent der ZLS formulierte einmal schmunzelnd: „Gymnasiallehrer kann jeder – Grundschule und Sonderpädagogik jedoch ist die hohe Kunst“. Aufgrund der großen Anforderung des Lehrerberufs und der hohen Verantwortung für die Kinder: Habt Vertrauen in euch und verliert euren Humor nicht! Freut euch über das, was ihr geschafft habt und auf das, was noch kommt!
Im Rahmen meines ersten Studiums absolvierte ich einen Bachelor an der Universität Jena, einen Master an der LMU-München, erhielt über das Erasmus-Programm die Chance, ein Auslandsjahr an der Jagielloński Universität Krakau zu verbringen und werde nun mein Staatsexamen der Universität Leipzig entgegennehmen. Wenn ich die von mir besuchten Universitäten nun vergleiche, wiederhole ich, was ich am Anfang bereits sagte: Wir haben an
der Universität Leipzig eine exzellente Ausbildung genossen und können selbstbewusst, optimistisch und kreativ in die Zukunft starten.
Vergesst nicht, euren Studentenausweis noch bis zum 30. September zu nutzen. Obwohl, war es der 30. September? Ich kann es leider nicht genau erkennen.
Die Mehrheit startet nun ins Referendariat, manche bleiben an der Uni und promovieren, einige reisen erstmal. Egal wie es nun für uns weitergeht: Vergesst nie eure Stadt Leipzig mit ihrer tollen Universität! Vergesst nie eure hier entstandenen Freundschaften und vergesst nie eure pädagogischen Träume und Ideale.
Alles Gute uns und euch auf dem weiteren Weg! Erfüllte, gesunde und friedliche Zeiten!