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Die Universität Leipzig bietet seit Kurzem zwei neue Studiengänge für das Berufsbildende Lehramt an. Die Bewerberzahlen blieben jedoch bisher trotz guter Rahmenbedingungen hinter den Erwartungen zurück. Die Verantwortlichen sehen hierfür mehrere Gründe – aber auch großes Potenzial, wenn es gelingt, die Attraktivität der beiden neuen Studiengänge stärker in den Fokus zu rücken. Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Roland Happ und (Dipl.-Hdl.) Stefan Rodegast.

Die Universität Leipzig hat ihr Studienangebot in den vergangenen zwei Jahren um einen völlig neuen Zweig des Lehramtsstudiums mit gleich zwei attraktiven Studiengängen erweitert: das Berufsbildende Lehramt mit den beiden Fachrichtungen Wirtschaft und Verwaltung sowie Gesundheit und Pflege. Diese Studiengänge sind eine direkte Antwort auf den steigenden Bedarf von qualifizierten Lehrkräften an berufsbildenden Schulen, der bundesweit in den nächsten zehn Jahren vor allem aufgrund hoher Altersabgänge zu erwarten ist. Die Zahl der Absolvent:innen bereits bestehender Studiengänge an anderen Hochschulstandorten wird in der bisherigen Größenordnung dafür bei weitem nicht ausreichen.

Trotz des hohen Bedarfs an Lehrkräften in dieser Schulart und speziell diesen Fachrichtungen sowie der interessanten beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten haben bisher nur wenige Studierende diese Chance genutzt. Zum vergangenen Immatrikulationszeitpunkt wurden lediglich 23 Bewerber:innen für die Fachrichtung Wirtschaft und Verwaltung sowie 45 für Gesundheit und Pflege aufgenommen, obwohl es in diesem Jahr keinerlei Zulassungsbeschränkungen gab. Jeder dritte bis vierte von ihnen gab zudem bei einer Studieneingangserhebung an, dass dies nicht sein Wunschstudium sei.

Fragt man Prof. Dr. Roland Happ, Leiter des für die Ausbildung mitverantwortlichen Instituts für Wirtschaftspädagogik, nach den Gründen, so scheint es dafür mehrere Ursachen zu geben. Zum einen durchlaufen die meisten Schulabgänger:innen, die sich für ein Lehramtsstudium interessieren, lediglich die beiden Schularten Grundschule und allgemeinbildendes Gymnasium, die dann gleichzeitig die Berufsorientierung vorprägen. Häufig ist diesen Schüler:innen aber auch deren Eltern und vielen beratenden Lehrer:innen der berufsbildende Bereich schlichtweg weniger bekannt. Wie z.B. auch die Tatsache, dass neben der zu wählenden beruflichen Fachrichtung (z.B. Wirtschaft und Verwaltung) ein allgemeinbildendes Zweitfach wie Deutsch, Englisch, Geschichte etc. auf Sek-II-Niveau studiert wird und damit später die gleichen Einkommenseinstufungen wie bei Gymnasiallehrer:innen vorliegen. Zudem erfolgt der spätere Unterrichtseinsatz – insbesondere in den Zweitfächern Chemie, Mathematik oder Geschichte – in den studienqualifizierenden Schularten, wie der Fachoberschule (allgemeine Fachhochschulreife) oder dem beruflichen Gymnasium (Abitur).

Ein anderer Grund könnte auch in der vermeintlichen Mehrbelastung durch das 52-wöchige Betriebspraktikum gesehen werden, das die Studierenden dieser Lehramtsstudiengänge bis zum Staatsexamen zusätzlich zu den Schulpraktika nachweisen müssen. Die Intention des Betriebspraktikums ist der für den späteren Berufserfolg erforderliche Einblick in die berufliche Praxis der Auszubildenden in den berufsqualifizierenden Schularten Berufsschule bzw. Berufsfachschule. Wer jedoch – und diese Botschaft richtet sich vor allem an wechselwillige Studierende des gymnasialen Lehramts – über eine adäquate Berufsausbildung oder über das Abitur eines beruflichen Gymnasiums verfügt, dem wird das Betriebspraktikum voll bzw. zur Hälfte angerechnet. Auch Nebenjobs, denen die meisten Studierenden parallel zum Studium nachgehen, können in gewissen Umfängen anerkannt werden, wenn sie fachrichtungsbezogen nachgewiesen werden.

Die bisherigen Maßnahmen zur aktiven Bewerbung der beiden neuen Studiengänge umfassen gemeinsame Auftritte mit der Zentralen Studienberatung, in denen über das Lehramtsstudium an der Universität Leipzig informiert wird, sowie Vorträge an berufsbildenden Schulen, aber auch an allgemeinbildenden Gymnasien. Frustrierend ist dabei allzu oft, dass gefühlt bei 99 % der Lehramtsinteressierten der Studienwunsch fest auf das Lehramt an Grundschulen oder Gymnasien fokussiert bleibt. Es müssen daher neue und effektive Wege gefunden werden, um die Alternativen im Lehramtsstudium bekannter zu machen und ihre jeweilige Attraktivität herauszustellen. Die Kombination eines jeweils spannenden beruflichen Kontextes wie Wirtschaft oder Gesundheit mit einem klassischen Schulfach für die gymnasiale Oberstufe sollte bei gleichzeitigem Wegfall von Zulassungshürden, wie einen Numerus clausus, und exzellenten Berufsaussichten mehr Interesse bei den Abiturient:innen wecken.

Wir sind auf alle angewiesen, die dazu beitragen können, den Studiengang Berufsbildendes Lehramt an der Universität Leipzig bekannter zu machen. Der Beitrag, den wir leisten können, besteht darin, jede Informationsgelegenheit wahrzunehmen und die Interessenten persönlich und vor Ort vom Angebot der beiden Studiengänge zu überzeugen.