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Dieser Artikel ist Teil einer Reihe verschiedener Stimmen von Absolvent:innen unserer TMP-Kurse, die wir in den kommenden Monaten mit euch teilen möchten. Diesmal geht es um einen Auszug aus der Abschlussarbeit der Lehramtsstudentin Eva Proft, die uns einen Einblick darüber gibt, was sie durch Achtsamkeit ihren künftigen Schüler*innen vermitteln möchte.

Eine Schule im 21 Jahrhundert sollte Antworten auf Herausforderungen dieser Zeit geben. Die Schule, wie sie im Moment staatlich organisiert ist, gibt vor allem Erwartungshaltungen, auf die es für Schüler:innen zu reagieren gilt.

Solange die Struktur der Schule nicht grundlegend verändert werden kann, möchte ich mit Achtsamkeit in der Schule Schüler:innen ein Angebot machen, selbstbestimmtere Entscheidungen für sich und ihr Leben zu treffen, indem sie Zeit haben sich kennenzulernen und zu erforschen, was sie wirklich bewegt. Achtsamkeit, wie ich sie verstehe, ist eine wesentliche Grundlage dafür, die Schule vom Menschen aus zu denken:

Indem Schüler:innen die Möglichkeit haben, Verbindung mit sich selbst aufzunehmen und wahrzunehmen was sich in ihnen abspielt. Indem sie die Möglichkeit bekommen Emotionen bewusst zu spüren und in einem zweiten Schritt zu regulieren. Während politische Akteur*innen bewusst populistisch agieren und Emotionen wie Wut, Hass oder Angst schüren, um ihre politischen Ziele zu erreichen.

Indem sie bewusst entscheiden welchen Fokus sie setzen und wohin sie ihre Aufmerksamkeit richten. Während Algorithmen von Social Media Plattformen und Streamingdiensten mit der Zielstellung programmiert werden, dass die Nutzer*innen möglichst viel ihrer Lebenszeit in diese investieren. Indem sie durch Impulsdistanz die Wahl bekommen, welchen inneren Anteilen/ Programmen sie folgen möchten und welche sie verabschieden wollen. Um selbstbewusst bestimmen zu können, welchen Anteil ihrer Prägung, oder welche sozialisierten Verhaltensweisen mit ihren eigenen Werten übereinstimmen, damit individueller Wandel (und damit auch gesellschaftlicher) bewusst gestaltet werden kann.

Indem Selbstliebe, Dankbarkeit und Mitgefühl nicht nur als Konzept begriffen werden, sondern zu einer erfahrbaren Wirklichkeit werden. Ein wohlwollender Blick auf sich selbst möglich wird, begleitet von einem Bewusstsein über den eigenen Wert und über die eigenen Grenzen. Während die schulische Wirklichkeit durch Konkurrenzdenken als leitendes schulisches Handlungsmotiv gekennzeichnet ist, Hierarchisierung und Leistungsorientierung mit Lernprozessen verknüpft werden, einem Umfeld, indem Wertschätzung außerhalb dieses Maßstabs oft zu kurz kommt.

Indem man durch achtsames Zuhören, die Möglichkeit bekommt, ein Gegenüber Vorurteils-/ Schablonenfrei zu sehen und lernt, dass Unterschiede zwischen Menschen mit einer nicht wertenden Haltung betrachtet werden können. Damit statt Konkurrenz, Kooperation und Akzeptanz als Art und Weise sich aufeinander zu beziehen, gewählt werden kann. Eine Chance das Klassengefüge als verbundene Gemeinschaft zu begreifen.

Wollen wir weiterhin Generationen aufwachsen lassen, die nach dem Schulbesuch weder wissen, wer sie sind, noch herausgefunden haben, was sie wollen? Wollen wir Prinzipien reproduzieren, die Vorschriften machen, was erwartet wird von den Menschen, ohne die Frage zu stellen, wer der Mensch dahinter wirklich ist und was er für sich als wichtig empfindet? Ich denke, wer sich nicht mit diesen beiden existenziellen Fragen (Wer bin ich?, Was will ich?) auseinandersetzt, wird anfälliger für kollektive Hypnosen (z.B. Schönheitsideale, sinnentleerten Materialismus) und kompensatorischer Konsumorientierung. Wir lassen Potenziale liegen, wenn wir durch schulische Strukturen mangelorientierte Selbstbilder kreieren, wenn wir Schüler:innen nicht motivieren groß von sich und ihren Möglichkeiten zu denken und zu erforschen, wer sie wirklich sind. Diese individuellen Potenziale sind eben nicht reproduzierbar, sondern verloren, ebenso wie die Momente, die damit verschwendet werden, unpersönlichen Erwartungshaltungen zu entsprechen. 

Liebe Eva, vielen Dank, dass uns an deinen Gedanken teil haben lässt.