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Wie kann Achtsamkeit Lehramtsstudierende stärken und sie auf den herausfordernden Berufsalltag vorbereiten? Durch das Mindful-Teachers-Programm (MTP) eröffnen sich wertvolle Techniken, die Stressbewältigung erleichtern, Emotionsregulation fördern und achtsamen Dialog ermöglichen. Die persönliche Erfahrung und eine qualitative Befragung zeigen: Die Integration von Achtsamkeit in die Studienzeit kann das Fundament für mehr Gelassenheit, Resilienz und eine positive Lehrer:innen-Schüler:innen-Beziehung legen. Die Lehramtsstudentin Sophie Kern berichtet von ihrer Forschung und davon, wie Achtsamkeit nicht nur im Studium, sondern auch im späteren Berufsleben den Unterschied machen kann.

Schon während des Studiums ist mir mehr und mehr bewusst geworden, wie herausfordernd der Lehrberuf sein kann: Immer wieder gibt es stressige Phasen. Als sich dann die Möglichkeit  geboten hat, an einem Achtsamkeitskurs teilzunehmen und dafür auch noch Leistungspunkte zu bekommen, war ich sofort überzeugt. Durch das Mindful-Teachers-Programm (kurz MTP) konnte ich die Grundlagen für Achtsamkeit und Meditation erlernen. Ich habe  beobachtet, dass  ich meine Emotionen besser regulieren kann und es mir leichter fällt, gelassener mit herausfordernden Situationen umzugehen und mich weniger gestresst zu fühlen. 

Die Wirkung von Achtsamkeit im Studium und im Alltag

Da es vergleichsweise wenig qualitative Forschung zu der Auswirkung von Achtsamkeitsinterventionen auf Lehramtsstudierende gibt, beschloss ich durch Leitfadeninterviews mit sechs Teilnehmenden des MTP, den Effekten im Rahmen meiner Staatsexamensarbeit im Januar 2024 genauer auf die Spur zu kommen. Ich fragte mich: Welche Auswirkungen hat die Teilnahme am MTP-Seminar auf den Alltag der Teilnehmenden, ihre Emotionswahrnehmung und -regulation sowie auf ihre aktuelle und zukünftige Lehrtätigkeit? Um dies beantworten zu können, nahm ich dafür selbst erneut an dem Seminar teil. 

So wie es bei mir auch der Fall war, berichteten meine Interviewpartner:innen, dass Stress im Studium und antizipierter Stress im zukünftigen Berufsalltag, neben einem grundlegenden Interesse an Meditation, den Hauptgrund für ihre Teilnahme darstellten. Eine Teilnehmerin beschreibt, dass die letzte Prüfungsphase ihr „mental und körperlich sehr zugesetzt hat“ und sie als Reaktion darauf den Entschluss fasste, Techniken zu erlernen, damit sie im „Alltag und auch speziell dann in Klausurenphasen irgendwie besser wegkommt“. Hinsichtlich dieser Aspekte scheint sich die Teilnahme für die Studierenden gelohnt zu haben, denn die Interviews zeigten, dass sie sich weniger gestresst fühlten als zuvor und es ihnen besser gelang, Pausen einzulegen. 

Besonders eindrücklich war für viele das Führen von Achtsamen Dialogen, also dem aufmerksamen Zuhören und bewussten Antworten. Eine verbesserte Wahrnehmung von Emotionen konnte nur ein Teilnehmer bestätigen, jedoch im Bereich der Emotionsregulation schienen die Interviewten durch das Seminar einiges dazugelernt zu haben. Sie beschrieben zum Beispiel, die kognitive Umbewertung von Situationen in Streitsituationen anzuwenden. Eine weitere Beobachtung stellt die verbesserte Impulskontrolle dar, welche im Zusammenhang mit dem Erlernen von Achtsamkeit gesehen werden kann. In diesem Zusammenhang erzählt  ein Teilnehmer, wie er das Selbstverständlichste im Leben - den Atem - für sich dazu neu entdeckt hat. „D[as] Ein- und Ausatmen […] würde ich sagen, ist auf jeden Fall eine Neuheit, die ich gelernt habe und dass ich das nutzen kann“. Ähnlich berichtet es eine andere Teilnehmerin: „Dass man sagt: ‚okay, erstmal durchatmen und erstmal strukturieren und jetzt nicht in Panik irgendwie in diese ganzen Dinge reinrennen, sondern irgendwie erst mal ruhig rangehen.‘“ 

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass die Studierenden auf individuelle Weise achtsamkeitsbasierten Techniken, die im Seminar vertieft wurden, nach dem „pick-and-choose“-Prinzip anwenden. Trotzdem ist auch deutlich geworden, dass die Strategie der Unterdrückung von Emotionen, welche als nicht gesundheitsförderlich gilt, ebenfalls weiterhin angewendet wird. Nichtsdestotrotz deuten die Antworten darauf hin, dass die teilnehmenden Lehramtsstudierenden zukünftig im Uni- und Lehralltag wissen, wie sie präventiv Stress vorbeugen können, eine positivere Lehrer:innen-Schüler:innen-Beziehung anstreben und ihre Kenntnisse zu Achtsamkeit an die Schüler:innen weitervermitteln wollen. 

Langfristige Vorteile der Integration von Achtsamkeit im Lehrberuf

In den Interviews sprachen sich die Teilnehmenden positiv für den Wert und die Relevanz des Seminars aus. Die Untersuchung konnte zeigen, dass das Seminar für die Studierenden auf professioneller und insbesondere auf persönlicher Ebene gewinnbringend war, wie das folgende Zitat einer weiteren Teilnehmerin illustriert: „Zu dem gesamten Seminar würde ich einfach sagen, dass es mich so positiv stimmt (…) also was meinen eigenen Körper angeht, was meine Psyche angeht. Ich würde sagen, dass ich das schon genieße, dahin zu gehen und auch irgendwie das, was ich daraus mitnehme, auf meinen Körper, meinen Alltag anzuwenden.“

Es scheint also durchaus sinnvoll, bereits präventiv in der Studienzeit das Fundament für Achtsamkeit zur Stärkung von Resilienz bei Unistress und darüber hinaus für den Berufseinstieg zu legen. Dies habe ich auch am eigenen Leib erfahren dürfen: Nach dem Abschluss des Studiums folgte bei mir erstmal der Praxisschock. Ich bin dankbar, auf all die Ressourcen aus den Seminaren des MTP zurückgreifen zu können und meine sechsten Klassen lieben es, den Unterricht mit dem achtsamen Lauschen der Klangschale zu beginnen!

Sophie Kern, Lehramt an Gymnasien, Teilnehmerin am MTP und TMP Programm, Qualitative Befragung zu den Auswirkungen des Mindful-Teachers-Program als Staatsexamen