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Putzen für den guten Zweck: anlässlich des „Putze-dein-Bücherregal-Tages“ wurden nicht nur Staubwedel geschwungen, sondern es wurde auch mit Schüler:innen, Studierenden und Lehrkräften über (gute) Leseförderungen gesprochen. Welche Re-levanz diese Aufgabe im Schulalltag hat, welche Hürden es gibt und was besonders die Schüler:innen gern lesen, klären wir im folgenden Beitrag.

Am 20. Februar 2024 findet der offizielle „Putze dein Bücherregal-Tag“ statt. Dies haben Studierende, Schüler:innen und Mitarbeiter:innen der drei Transferprojekte von Praxis im Lehramtsstudium (PiL) der Universität Leipzig zum Anlass genommen, bereits Ende Januar die Bibliothek des Leibniz-Gymnasiums genauer unter die Lupe zu nehmen.

Mit Staubwedeln, Putzlappen und einzelnen Lieblingsbüchern im Gepäck ist das Team angerückt. Maren Reichert hält eines ihrer Lieblingsbücher in die Kamera. Neuntklässler Josh, die Bibliotheksmitarbeiterin sowie die Projektkoordinatorinnen Anke Weinreich (StartTraining) und Katharina Eisermann (Universität nützt Schule) haben es sich nicht nehmen lassen, für den guten Zweck die Staubwedel und Putzlappen zu schwingen. Doch das symbolische Bücherregal-Putzen soll vielmehr als Anlass dienen, um auf die Bedeutsamkeit des Lesens und Schreibens aufmerksam zu machen.

Lesen und Vorlesen ist nicht selbstverständlich. Maren Reichert, Lehrerin am Leibniz-Gymnasium und Projektleiterin von Praxis im Lehramtsstudium, hat Studienergebnisse des Vorlesemonitor 2023 parat: Aktuelle Zahlen zeigen, dass es um das Lesen in Deutschland schlecht bestellt ist und massiver Handlungsbedarf besteht. 37% der 1 bis 8-jährigen Kinder (2019: 32%) bekommen von ihren Eltern nicht oder nur selten vorgelesen. Vorlesen ist einer der wichtigsten Impulse in der frühen Kindheit und fördert die sprachliche Entwicklung, den Zugang zum späteren eigenen Lesen und den schulischen Erfolg in allen Fächern, außerdem die Entwicklung der Persönlichkeit und sozio-emotionale Kompetenzen von Kindern sowie langfristig die Bildungs- und Lebenschancen. Es besteht massiver Handlungsbedarf, da mehr als ein Drittel der Eltern ihren Kindern nur selten oder gar nicht vorliest (vgl. Vorlesemonitor 2023).

Deshalb hat sich das Team von Praxis im Lehramtsstudium auch die Lese- und Schreibförderung für Schüler:innen in den drei Teilprojekten – StartTraining, VieLeS und UnS – auf die Fahnen geschrieben.

UnS-Trainer Alexander verrät, wie er bei seinen Schüler:innen Freude am Lesen weckt und warum das Lesen überhaupt so wichtig ist: „Lesen hat einen großen Einfluss auf das Denkvermögen, den Wortschatz und auch das allgemeine Wissen. Die Freude am Lesen muss intrinsisch sein, deshalb biete ich den Schüler:innen so viele verschiedene Texte wie möglich an und motiviere sie über ihre Leseerfahrungen zu sprechen“.
Auch eine StartTrainerin ist davon überzeugt, dass „der individuelle Einbezug entscheidend ist. Die Textauswahl weckt das Interesse der Schüler:innen und außerdem versuche ich die Lesekompetenz in anderen Fächern zu fördern, indem ich die Kinder im Unterricht aktive Textarbeit machen lasse, indem sie beispielweise Zwischenüberschriften finden oder Leitfragen formulieren oder Zusammenfassungen schreiben sollen“. Alexander ergänzt: „Egal wie viel oder wenig die Schüler:innen aktuell lesen, ich versuche durch positives Feedback die Freude am Lesen weiter zu nähren.“

UnS-Trainerin Laura erzählt von Schwierigkeiten aus dem Deutschunterricht im Schulalltag und betont wie wichtig die Förderung für einzelne Kinder ist: „An manchen Stellen, wie beim Erstlesen, bin ich an meine Grenzen gestoßen und frage mich oft, wie ich dies bei 28 Kindern schaffen würde. Beispielsweise sollte ich gemeinsam mit einer leistungsschwachen Schülerin drei Sätze eines Fibeltextes lesen, wofür wir unwahrscheinlich lange brauchten. Trotz wirklich viel Geduld und Zuspruch hat sie es nicht geschafft. Hier ist mir bewusst geworden, wie wichtig individuelle Förderung durch zusätzliches Personal ist. Im Klassenverband wäre dieses Mädchen untergegangen.“

Hier wird die Symbiose aus der zusätzlichen Unterstützung der Studierenden an Schulen deutlich. Auch wir verstehen das Vorlesen als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe mit höchster bildungs- und gesellschaftspolitischer Dringlichkeit. Regelmäßiges Vorlesen in Familien, Schulen, Kitas, etc. bildet dabei einen Grundstein, um Lesekompetenzen zu steigern und zu festigen.

Doch wozu braucht es im digitalen Zeitalter überhaupt noch Bibliotheken? Die klassische Recherche geht um ein Vielfaches schneller, E-Books ermöglichen hunderte Bücher wie eine Tafel Schokolade mit in den Urlaub zu nehmen und über Suchmaschinen sowie Chat-GPT können in Sekundenbruchteilen Texte verfasst und Aufgaben gelöst werden.

Die Schulbiliothekarin beschreibt uns malerisch ihre Bibliothek als Ort der Begegnung, der auch abseits von Hausaufgaben genutzt wird. Bibliotheken bieten Entspannung, um in eine andere Welt abzutauchen. Ein paar Schüler:innen, die wir vor Ort getroffen haben, berichten von diesem gemütlichen Ort und verraten ihre Lieblingsbücher. Joshs Lieblingsbuch sind ,Die großen Essays von Orwell’, ,Die tausend Teile meines Herzens von Colleen Hoover’ zieht eine Schülerin gerade aus dem Regal. Die Mitarbeiterin der Schulbibliothek ergänzt, dass die Schulbibliothek ein schöner Treffpunkt der Schule ist, an dem sich bunt gemischt Schüler:innen mit internationaler Herkunft treffen. Die Lieblingsbücher der Schüler:innen verrät sie auch: ,Gregs Tagebücher’, Fantasyromane und Guinessbücher der Rekorde, Bücher zu Astronomie und Physik. Sie berichtet von den auserwählten Bücherwürmern, die zum „Inventar“ gehören: „Es gibt Schüler:innen, die jeden Tag ein Buch ausleihen und über das Wochenende drei Bücher mit nach Hause nehmen.“

Doch leider ist das nicht die Regel, bescheinigt die IGLU-Studie: „Schülerinnen und Schüler der vierten Klasse lesen schlechter als noch vor fünf Jahren. Ein Viertel der Kinder erreicht beim Lesen nicht den international festgelegten Mindeststandard, der für das weitere erfolgreiche Lernen nötig wäre. Das geht aus der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU 2021) hervor, die am 16. Mai 2023 veröffentlicht wurde. Die internationale IGLU-Studie bestätigt damit die Befunde des nationalen IQB-Bildungstrends 2021“.

Durch kreative und zielgruppenorientierte Angebote und Unterstützung der Studierenden in unseren Projekten StartTraining, VieLeS und UnS wird das verstaubte Image von Leseförderung abgelegt und ein wertvoller Beitrag geleistet, um die Lesekompetenzen zu steigern. Mit insgesamt ca. 800 aktiven Studierenden im Schuljahr 2023/2024 wird dieses Ziel Realität.

Zum „Putze dein Bücherregal-Tag“ bietet sich nun für alle die perfekte Gelegenheit, um Ordnung in das geliebte Bücherreich zu bringen und wieder in spannende Geschichten und Abenteuer einzutauchen. Verleiht euren Büchern in den Regalen neuen Glanz und lest mal wieder vor.

In diesem Sinne: Happy Cleaning!