Nachricht vom

Anfang Juli schlossen 15 Teilnehmende erfolgreich die Zertifikatsausbildung Achtsame Hochschullehrende ab. Der Kurs wurde zum ersten Mal an der Universität Leipzig angeboten und beinhaltete neben Grundlagen der Achtsamkeitspädagogik auch praktische Achtsamkeitsübungen für hochschulspezifische Kontexte. Im Abschlussmodul wurde das Zertifikat "Achtsame Hochschullehrende (ZAH)" verliehen. Im Interview berichten drei Teilnehmende von ihren Erfahrungen.

Wie seid ihr auf die Zertifikatsausbildung Achtsame Hochschulen aufmerksam geworden und warum habt ihr euch dafür entschieden an dieser teilzunehmen?

Michael: Ich habe im Frühjahr 2021 im Newsletter der Universität Leipzig vom Projekt ABiK erfahren und war aufgrund meiner privaten Achtsamkeitspraxis direkt begeistert, dass so ein Projekt an der Hochschule etabliert wird. Ich habe dann verschiedene Veranstaltungen wahrgenommen und bin über die Teilnahme am MBTT zum Kurs Zertifikatsausbildung Achtsame Hochschullehrende (ZAH) gelangt. Ich finde es so wichtig, in der heutigen schnelllebigen Welt, achtsame Momente zu schaffen. Ich habe mich daher entschieden, am ZAH teilzunehmen, um meinen Studierenden Achtsamkeitsübungen vorzustellen und von den positiven Effekten zu profitieren.

Hannah: Ich hatte bereits im Rahmen des von ABiK durchgeführten Inkubationsworkshops Kontakt zur Kursleiterin Susanne Krämer und bin somit auf das ZAH aufmerksam geworden. Für mich war die Zertifikatsausbildung eine Möglichkeit, meinen beruflichen Erfahrungshorizont zu erweitern um das dort gelernte in meinen Projekten in meiner Hochschule integrieren zu können. Zusätzlich war es aber auch eine persönliche Weiterbildung auf die eigene Wahrnehmung zu Schulen.

Henrike: Mein Einstieg in die Achtsamkeitsthematik kam aus der Beschäftigung mit der Theorie U und Otto Scharmer, der auf der Achtsame Digital- Achtsame Hochschulen Tagung in Jena im Mai 2019 referiert hat. Ermutigt durch das digitale Format der TU Dresden MBTT Afternoon Lectures, habe ich mich zur Teilnahme am MBTT Kurs in Leipzig angemeldet und bin darüber zur Zertifikatsausbildung Achtsame Hochschullehrende gekommen. Das Zertifikat ist für mich in zweierlei Hinsicht von Bedeutung: zum einen hat mich die Prüfung diszipliniert tatsächlich aus der eigenen Praxis ins Tun in der Hochschule zu kommen, zum anderen hoffe ich über die Signalwirkung eines „offiziellen“ Zertifikates an meiner Heimathochschule mehr Akzeptanz für das Thema aufbauen zu können. 

Hat der Kurs euren Vorstellungen entsprochen? Gab es Inhalte, die anders waren, als ihr erwartet hättet?

Henrike: Ich bin sehr offen an den Kurs herangegangen kannte durch die MBBT Afternoon lectures und die MBTT-Einheiten bereits einige Techniken und Lehrende. Sehr schön fand ich, dass jedes Wochenende einem eigenen Thema gewidmet war und aufgrund der Verschiedenheit der Lehrenden eine jeweils sehr unterschiedliche Handschrift getragen hat. Die Inhalte waren weit vielfältiger als ich erwartet hatte, das heißt Übungen ( z.B. Qigong), die wir gemacht haben, habe ich vorher zwar gekannt, aber nicht mit Achtsamkeit verbunden. Dieses weite Spektrum hat mir sehr gefallen und die Alltagstauglichkeit der Achtsamkeitspraxis für mich weiter erhöht. Das Thema der Kritik an der Achtsamkeit hatte ich gar nicht erwartet. Es war sehr wertvoll, um mich auch hier gedanklich nochmal zu schärfen.

Michael: Der Kurs hat sehr gut meinen Vorstellungen entsprochen. Ich wusste durch die Workshops und die MBTT-Einheiten bereits in etwa, was mich erwartet. Was mich erstaunt hat, war die Abwechslung, welche durch die unterschiedlichen Kursleitenden entstanden ist. Durch ihre eigene Art, die unterschiedlichen Übungen, die sie im Gepäck hatten und ihr individuelles Verständnis von Achtsamkeit war jede Einheit anders. Ich hatte auch nicht damit gerechnet, dass der Kritik an Achtsamkeit Raum gegeben wird, was ich im Nachhinein aber als sehr wichtig und erkenntnisreich empfand, da die Inhalte meine subjektive Begeisterung für Achtsamkeit um weitere Ansichten ergänzt haben. Ich habe auch die Freiwilligkeit und Freiheit sehr genossen, die uns im Kurs gegeben war. Einerseits die Freiwilligkeit der Teilnahme an den Übungen und andererseits die Freiheit, mich verhalten, bewegen und Platz nehmen zu können, wie es mir gerade beliebt.

Hannah: Obwohl ich mich bereits beruflich seit einigen Jahren mit den Themen Meditation und Achtsamkeit beschäftige, habe ich in diesem Kurs sehr viel Neues gelernt und habe die unterschiedlichen Module und Themenschwerpunkte als sehr bereichernd empfunden. Vor allem die Möglichkeiten achtsamkeitsbasierte Übungen in Gruppen anzuleiten, sich über unterschiedliche Methoden auszutauschen und neue Ideen und Anhaltspunkte zu sammeln, waren für mich ein Gewinn.

Wie werdet ihr die angeeigneten Fähigkeiten in eurer Lehrpraxis nutzen?

Hannah: Ich für meinen Teil werde weiterhin in meiner Lehrveranstaltung „Meditation als kulturelle Praxis“ im interdisziplinären Studium Generale meine Lehrpraxis nutzen und zum anderen werde ich in kleineren nicht curricularen Veranstaltungen versuchen, achtsamkeitsbasierte Übungen zu integrieren, wie z.B. in Teammeetings. Darüber hinaus möchte ich die Meditation als didaktisches Element in die Hochschullehre weitertragen und hier weitere Publikationen anstreben.

Michael: Schon während der Zertifikatsausbildung habe ich begonnen, bei jeder Veranstaltung einen sozialen Check-in zu machen, indem die Studierenden auf Bildern mit unterschiedlichen Wetterlagen ihre aktuelle Stimmung eintragen können. Zudem gibt es zu Beginn des Semesters immer ein großes Interesse an Achtsamkeitsübungen, so dass ich in vereinzelten Lehrveranstaltungen am Ende Achtsamkeitsübungen implementiere. Bisher nutze ich seit zwei Semestern vor allem den „Achtsamen Dialog“ und das „Journaling“ als Übungselemente.

Henrike: Genau wie Michael setze ich mittlerweile in kleinen Gruppen zu Beginn der Veranstaltung, eine „Ankommensübung“ ein. Dieser Einstieg in die Lehrveranstaltung tut den Studierenden und mir selber sehr gut und hat dazu geführt, dass die Studierenden sich auch erstmals als Personen wahrgenommen fühlen und nicht nur als „Leistende“. Dabei hat das der Leistung(sbereitschaft) natürlich keinerlei Abbruch getan, sondern eher neue Aspekte ermöglicht.  Neben diesen Ankommensübungen habe ich in mehreren Kohorten Dyaden durchgeführt und auch kleine „Journalings“. Ich habe auch verschiedene Reflexionsübungen durchführen lassen.

Konntet ihr die Kursinhalte auch im Privaten anwenden? Habt ihr dadurch Veränderungen in eurem Alltag wahrgenommen?

Michael: Durch die Kursinhalte habe ich meine eigene Praxis erweitern können, vor allem im Bereich der Meditationsformen. Ich bin durch den „Bodyscan“ auf Yoga Nidra gestoßen und übe diese Form mittlerweile regelmäßig. Durch die angeleitete Körperwahrnehmung kann ich schneller aus stressigen Momenten aussteigen. Außerdem hilft es mir, den Übergang zwischen Arbeit und Familie zu erleichtern, da ich mich durch diese Übung nochmal neu für den Feierabend ausrichten und Energie tanken kann.

Hannah: Durch das regelmäßige Meditieren und den Austausch mit meinem Buddy habe ich nicht nur gelernt, achtsamer in einzelnen Momenten zu sein, sondern vor allem persönliche Grenzen zu erkennen und diese auch umzusetzen. So kann ich unterschiedliche Erfahrungen und Erlebnisse einfach annehmen wie sie sind, ohne diese zu bewerten und mich ganz auf mich selbst fokussieren.

Henrike: Dank der mehrmonatigen Kursdauer und des regelmäßigen Buddy-Austausches konnte ich meine eigene Praxis aufbauen und verstetigen. Ich habe mir angewöhnt, mir auf Bahnfahrten über eine Meditationsapp immer wieder Abstand aus stressigen Situationen zu verschaffen und die Achtsamkeit mehr als Teil meines Alltags zu erleben. Hilfreich war dabei für mich die Dauer des Kurses, damit das Thema nicht nur kurz und intensiv Bedeutung hat, sondern es eine Chance hat, sich wirklich in meinem Leben dauerhaft zu verankern.

Wie bewertet ihr rückblickend den gesamten Kurs? Gab es für euch ein persönliches Kurs-Highlight?

Hannah: Insgesamt empfand ich den Kurs als sehr wertvoll und durch die unterschiedlichen Themenschwerpunkte, die unterschiedlichen Übungen, den Austausch in Gruppen vor Ort sowie die Arbeit mit dem Buddy, war es ein vielfältiges Konzept. Mein Kurs-Highlight war vor allem die Übung „achtsamer Dialog“.

Henrike: Den Kurs habe ich als sehr bereichernd empfunden. Mir haben die Wochenenden immer viel Inspiration, Motivation und Kraft gespendet. Eines meiner Highlights war ebenfalls das Buddy-Konzept, das mich auch über die lange Kursdauer immer wieder getragen und motiviert hat. Zum anderen habe ich Kollegen gefunden, die hinsichtlich der Achtsamkeit an der Hochschule mit ähnlichen Fragestellungen kämpfen wie ich und so können wir uns gegenseitig beraten und voneinander lernen. Sehr gelungen fand ich die Begleitung des Kurses durch Susanne Krämer, die uns über die gesamte Zeit immer im Blick hatte. Dadurch wurden die einzelnen Module zu einem gelungenen Ganzen.

Michael: Es war ein langer und schöner Weg. Letztendlich erstreckten sich die Einheiten über ein halbes Jahr. Ich bin sehr zufrieden mit dem Kurs, da er mir nicht nur Inspiration für meine Lehre und meine Achtsamkeitspraxis gegeben hat, sondern weil er mir auch während der Wochenendeinheiten Achtsamkeit und Ruhe geboten hat. Mein besonderes Highlight war wie bei Hannah und Henrike das Buddy-Konzept. Meine Buddy wohnt weit entfernt von Leipzig und der Kurs förderte durch die Möglichkeit, uns neben dem regelmäßigem Online-Austausch persönlich zu sehen, unsere Bindung und Freundschaft. Die Überreichung der Zertifikate war ein weiterer sehr besonderer Moment und ein passender emotionaler Abschluss des Kurses.