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Linda R. förderte an einer Grundschule Schüler:innen in einer Kleingruppen aus der zweiten Klasse in Deutsch und Mathematik für ca. 180 Minuten die Woche. Sie studiert im 5. Semester Grundschullehramt mit Kernfach Sport. Im Interview beantwortet Linda verschiedene Fragen zu ihrer Arbeit im Projekt Universität nützt Schule (UnS).

Personendaten zu Linda im Überblick:

Studium: Grundschullehramt

Studienfächer: Sport als Kernfach, dazu Mathe, Deutsch, Sachunterricht

Fachsemester: 5.

Anzahl der UnS-Kleingruppen: 1

Fächer Kleingruppenförderung: Mathe/Deutsch, 2. Klasse (Grundschule)

Durchschnittliche Schüler:innenanzahl: 5

Durchschnittliche Förderungsdauer pro Woche: 180 Minuten

 

Würdest du das Projekt UnS weiterempfehlen und wenn ja, warum?
Linda: Das UnS-Projekt kann ich auf jeden Fall weiterempfehlen, auch unter dem Aspekt mehr Schulen in der Stadt Leipzig kennenzulernen. Dies scheint im Blockpraktikum ja meist aussichtslos. Darüber hinaus hat mir dieses Projekt geholfen, meine Praxiserfahrungen zu erweitern und gab mir obendrein eine Routine an die Hand, sodass ich mich über die Projektzeit im Schulleben integriert fühlte. Zudem gewann ich einen näheren Einblick in den Schulalltag und die verschiedenen Führungsstile einiger Lehrkräfte. Auch der rege Austausch untereinander war unglaublich gewinnbringend für meine eigene spätere Lehrtätigkeit. Zudem wurde die Arbeit von allen Lehrkräften sehr wertgeschätzt und die Dankbarkeit vermittelte ein schönes Gefühl. Unter Anbetracht meines Aufgabenfeld lernte ich vor allem den Umgang mit Kleingruppen- und Einzelförderungen besser kennen, sodass sich mein Wissen gegenüber geeigneten Fördermaßnahmen erweiterte. Rückblickend betrachtet war es schön, dass mir dieses Projekt viel Zeit und Aufmerksamkeit für schwächere Lernende einräumte, denn dies kommt meist bei der eigenen Unterrichtsführung viel zu kurz.

Was war dein schönster Moment bei der Arbeit mit der UnS-Kleingruppe?
Linda: Meinen schönsten Moment erlebte ich in einer Förderstunde bei der Einzelbetreuung eines DaZ-Kindes, welches zusätzlich eine diagnostizierte emotionale-soziale Entwicklungsbeeinträchtigung zeigt. Seit Beginn meines Arbeitseinsatzes agiert dieses Kind besonders verhaltensauffällig gegenüber Mitschüler:-innen auf dem Schulhof und kann sich im Unterricht selbst nur schwer für die Bearbeitung der angesagten Lerninhalte motivieren. Oftmals lässt das Kind seine Stifte gegeneinander kämpfen oder äußert sich widerständig gegenüber den Aufgaben. Aufgrund dessen muss das Kind viele Aufgaben von der Woche Zuhause nachholen und hängt dem aktuellen Lernstoff oft hinterher. In der letzten Stunde für die Woche bat mich die Klassenlehrerin des Kindes die Berichtigung für die Mathearbeit mit dem Kind anzufertigen, während sie nebenbei im Klassenraum mit drei weiteren Kindern andere Aufgaben nachholte. Als ich dem Kind unser Vorhaben für die kommende Stunde erklärte, wandte es sich seinen Stiften zu und wollte unter keinen Umständen die Aufgaben mit mir durchrechnen. Ich blieb sehr ruhig, redete sehr lange auf das Kind ein und da ich bis dato keine Berührungspunkte mit sonderpädagogischen Fördermaßnahmen hatte, dachte ich mir selbst zahlreiche Motivationsstrategien aus, aber lange ohne Erfolg. Der Knackpunkt war dann nach 20 Minuten eine falsche Rechnung der Lehrerin an der Tafel. Ich machte das Kind auf die Rechnung aufmerksam und fragte das Kind, ob die Aufgabe nicht falsch gerechnet sei. Das Kind schaute mich an und sagte mir das richtige Ergebnisse an, sodass ich es daraufhin bat, sich zu melden, um die Lehrerin auf die richtige Lösung aufmerksam zu machen. Sie nahm das Kind dann verwundert dran und das Kind konnte stolz das falsche Ergebnis berichtigen. In diesem Moment freute sich das Kind so sehr über seinen eigenen Beitrag, dass es seinen Füller in die Hand nahm und die Berichtung mit mir korrigierte. In diesem Moment war auch ich sehr erfreut über meinen Einfall und merkte, dass mir die Arbeit mit Kindern sehr viel zurückgibt.

Welche Tipps hast du für Studierende, die im nächsten Schuljahr im Projekt UnS arbeiten wollen?
Linda: Ein erster organisatorischer Tipp ist es, sich freie Vormittage im Stundenplan einzubauen, sodass der Arbeitseinsatz flexible mit der jeweiligen Schule abgestimmt werden kann. Ansonsten kann ich nur empfehlen eine Beziehung zu den Kindern aufzubauen, da diese die Arbeit über die Zeit erleichtert. Ebenfalls verhalf mir ein gutes Verhältnis zu den Lehrkräften zu wertvollen Gesprächen abseits des Unterrichts über den Lehrberuf, die Elternarbeit und ihre bewährten Methoden.

Was zeichnet das Projekt UnS im Vergleich zur Arbeit im Pflichtpraktikum aus? Linda: Im Vergleich zu den Pflichtpraktika besteht bei diesem Projekt eher die Möglichkeit gezielt schwächere oder stärkere Schüler:innen zu fördern und zu fordern. Meiner Meinung nach gelingt es eine viel engere Bindung zu den einzelnen Lernenden aufzubauen, da eine konstante Zusammenarbeit über einen längeren Zeitraum erfolgt. Aus diesem Grund schaffte ich es eher ein Verständnis für das Innenleben einzelner Lernenden aufzubauen, dessen Weiterentwicklung adaptiv mitzugestalten und schlussendlich dessen Lernfortschritte zu sehen. Außerdem war es sehr angenehm für mich keine umfangreichen Stundenplanungen vorzunehmen, da die Lehrkräfte oftmals Aufgaben oder Themen für die Stunde vorgaben. Dennoch erhielt ich die Möglichkeit, meine eigenen Ideen einzubringen und konnte diese auch erfolgreich umsetzen. Dies entlastete mich einerseits und gab mir andererseits dennoch viel Freiraum für die Verwirklichung eigener kreativer Ideen.

Konntest du theoretische Inhalte in der Praxis erproben, wenn ja welche?
Linda: In der Theorie setzten wir uns oft mit der Heterogenität und günstigen Differenzierungsmaßnahmen auseinander. In der Projektzeit gelang es mir durch die Form der Kleingruppen- oder Einzelförderung konsequenter differenzierte Aufgaben zu erteilen, sodass darauf aufbauend eine adaptive Lernumgebung geschaffen werden konnte. Zudem transferierte ich viele gelernte Aspekte der Mathematikdidaktik, wie den Einsatz von Materialien oder auch der Deutschdidaktik, z. B. die gemeinsame Durchführung des Lautleseverfahrens in die Praxis. Des Weiteren ermöglichte mir die Arbeit mit den Tablets die Medienkompetenz der Kinder zu schulen und die positiven Seiten der Digitalisierung von Schulen zu erfahren.

Was konntest du in der Rolle als zukünftige Lehrperson über dich lernen?
Linda: In meiner Rolle konnte ich vor allem viel über Fördermaßnahmen lernen, auch unter der Perspektive Deutsch als Zweitsprache oder anderen sonderpädagogischen Entwicklungsbeeinträchtigungen. Das waren für mich, zumindest in diesem Ausmaß bisher eher unbekannte Bereiche und ich merkte, dass gerade die Auseinandersetzung mit den kindlichen Entwicklungen meinen Horizont erweiterte. Zudem konnte ich vermehrt meinen eigenen Lehrstil und die damit in Verbindung stehende Lehrpersönlichkeit reflektieren und identifizierte mich im Zuge dessen auch mit Führungsstilen anderer Lehrkräfte. Auf der anderen Seite beleuchtete ich auch einige Erziehungsmaßnahmen kritisch und wägte für mich selbst ab, welche pädagogischen Handlungen ich in mein künftiges Handlungsrepertoire einfließen lassen möchte.

Welches Material und/oder welche Methode hat sich für dich als besonders förderlich erwiesen?
Linda: Da ich meine Kleingruppenförderung oftmals mit Hilfe von Tablets gestaltete, kann ich besonders dieses digitale Tool empfehlen. Ich verspürte bei der Arbeit an den Tablets eine höhere Motivation, Lernfreude und ein gesteigertes Durchhaltevermögen auf Seiten der Kinder. Sie absolvierten innerhalb kürzester Zeit viele Bereiche des Mathematikunterrichts und konnten zudem selbstständig ihren Lernprozess gestalten. Aus diesem Grund eignet sich die digitale Lehre als Differenzierungsmaßnahme, besonders für die Heterogenität in den Klassen. Des Weiteren können so stetig Lerninhalte aus den vergangenen Wochen wiederholt und aufgefrischt werden. Ein weiterer Bonus besteht darin, dass gleichzeitig die Medienkompetenz der Schüler:innen gefördert wird, welche im Kontext der aktuellen Digitalisierung sehr wertvoll erscheint. Zudem vermittelten mir die Arbeitsphasen den Eindruck, dass die Konzentrationsleistung der Schüler:innen höher war als sonst, da sie sich aufgrund der kindlichen Animationen besser für die Lerninhalte begeistern konnten.