Das Kapitel Studium ist nun beendet und ein neues wird dafür aufgeschlagen. Die Absolventin Julia Keller lässt ihre Zeit an der Universität Leipzig Revue passieren.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen,

Heute nehmen wir Abschied von unserem Studierendenleben und reihen uns neben Goethe, Nietzsche und Angela Merkel in die Liste der Absolventinnen und Absolventen der Universität Leipzig ein. Mindestens fünf Jahre lang war die Uni alltäglich und oft auch allnächtlich in unserem Leben präsent. In den vergangenen Jahren haben wir viel gelernt. Viel auswendig gelernt. Viele verschiedene Leute kennengelernt. Viel über uns selbst gelernt. Wir kommen heute hier als sehr diverse Gruppe zusammen. Wir haben alle verschiedene Fächer studiert, wir kommen alle aus unterschiedlichen Orten und wir haben alle andere Pläne, wie unser Leben ab morgen weitergehen soll. Was uns jedoch alle eint, ist, dass wir hart für diesen Abschluss gearbeitet haben. Uns alle eint vermutlich auch der ein oder andere Nervenzusammenbruch im Studium, ganz egal ob es die erste Vorlesung war, in der man ALLES mitschreiben wollte oder das Schreiben unserer Examensarbeiten. Uns alle eint, dass wir vermutlich viel zu oft „Wie beginne ich die Seitenzahlen in Word auf Seite 3“ gegoogled haben. Und uns alle verbindet auch das Gläschen Sekt auf dem Innenhof der Uni, nachdem wir am 7. Oktober des letzten Jahres unsere erste von drei großen Examensprüfungen hinter uns gebracht hatten. Vor allem aber verbindet uns, dass wir uns alle dazu entschieden haben, eine Karriere als Lehrerin oder Lehrer zu beginnen. Manche von uns starten in weniger als vier Wochen ins Ref, andere bleiben noch an der Uni und der ein oder andere macht vielleicht auch erstmal eine wohlverdiente Pause und bereist die Welt oder Ähnliches.

Heute dürfen wir stolz sein auf unseren Abschluss und uns von unseren Familien und Freunden feiern lassen. Oft hört man nach dem Studium „Ab heute beginnt der Ernst des Lebens“. Aber wenn ich ehrlich bin, das habe ich auch schon am Ende meiner Schulzeit gehört, vielleicht ging euch das auch so. Beginnt also 2x der Ernst des Lebens? Oder wird es jetzt einfach noch ernster als vorher? Im Studium bedeutete „Ernst des Lebens“ vielleicht, dass man die kaputten Glühbirnen im WG Zimmer selbst wechseln musste, dass man überlegen musste, was man außer Nudeln mit Soße sonst noch so kochen könnte und dass man früh am Morgen zwischen „Schlummertaste“ und „Vorlesung“ entscheiden musste. Doch wie der Ernst des Lebens als Lehrerin oder Lehrer aussieht, dass kann heute vermutlich noch niemand von uns komplett abschätzen. Ich wünsche in jedem Falle allen von uns, dass wir es schaffen, es mit dem Ernst des Lebens nicht immer zu ernst zu nehmen und ich
wünsche uns, dass wir gut aufpassen.

Nicht nur darauf, dass in unseren Klassenzimmern keiner vom Nachbarn abschreibt oder auf Klassenfahrten kein Schüler und keine Schülerin abhanden kommt, sondern vor allem auf unsere psychische Gesundheit und auf unsere Freundinnen und Freunde, die bald auch Kolleginnen und Kollegen sein werden. Denn das ist vielleicht das Essentielle, was ich im Studium unter anderem neben englischer Lingusitik und der Physiologie des menschlichen Körpers noch so gelernt habe: ich hätte manchmal besser auf mich aufpassen müssen, die Bib vielleicht auch mal zwei Stunden eher verlassen und mir öfter mal ein komplett freies Wochenende gönnen sollen. Ich bin mir sicher, dass viele von euch dieses Gefühl nachvollziehen können. Lasst uns also versuchen, nicht zu leben um zu arbeiten, sondern andersherum. Der Beruf, den wir gewählt haben, hat viele Facetten. Vielleicht ist es genau das, was uns dazu bewegt hat, Lehramt zu studieren. Wir sind nicht nur Lehrende, wir sind auch Beratende, Wegbegleitende und Vorbilder für viele junge Menschen. Dabei sollten wir jedoch nie vergessen, einen Teil unserer Kraft auch in uns selbst und darin, was uns guttut, zu investieren.

Heute ist nicht nur ein Tag des Abschieds, sondern auch ein Tag, um danke zu sagen. Danke an die Familie für die finanzielle Unterstützung im Studium, fürs Abholen am Bahnhof wenn man nach Hause gefahren ist und für Verständnis bei Zweifeln, ob man sich für das richtige Studienfach entschieden hat. Danke an Freundinnen und Freunde, für die aufbauenden FaceTime Gespräche nachts um zwei, fürs Motivieren, um 8 Uhr früh in der Campus Bibliothek die Examensarbeit zu formatieren, fürs gemeinsame Protokoll Schreiben im Labor, für durchgetanzte Nächte und durchgelernte Tage. Danke an alle verständnisvollen, humorvollen und unterstützenden Dozentinnen und Dozenten, die uns auf dem Weg zum 1. Staatsexamen begleitet haben.
Zum Schluss möchte ich euch allen alles Gute für die Zukunft wünschen, ehrliche Freundinnen und Freunde an eurer Seite, nette Kolleginnen und Kollegen und interessierte Schülerinnen und Schüler. Und wenn es doch mal nicht so läuft, wie es soll, dann wünsche ich euch Durchhaltevermögen, starke Nerven und eine gute Kaffeemaschine im Lehrerzimmer. Und, dass immer jemand Kaffee nachkauft.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.