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Wow! Nun soll also ein Professor aus einer Fakultät, in der es nicht den Hauch einer Diskussion über Annehmen oder Ablehnen der LfbA-Stellen für die Lehramtsausbildung gab, noch was Erhellendes zu diesem Thema schreiben. Kann das gut gehen? Deshalb greife ich einen kleinen Aspekt heraus, der aber vielleicht die Tragweite des Konflikts sichtbar macht.

In der Diskussion kommt die Frage, was universitäre wissenschaftliche Lehre sein soll, zu kurz. Schauen wir auf mein eigenes Fach, die Chemie. Hier ist der Teil der Grundlagen, die unbedingt vermittelt werden müssen, im Bachelor so hoch, dass es kaum sinnvolle Wahlmöglichkeiten für Studierende gibt. Auch im Master stecken noch viele Dinge, die sich nicht jährlich wegen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse ändern. Wenn echte wissenschaftliche Lehre den direkten Kontakt zu aktueller Forschung meint, dann tritt diese in den Forschungspraktika und in der Masterarbeit so richtig zutage, teilweise auch in Spezialmodulen. Diese Bereiche werden schon aus dem eigenen Interesse der Forschenden heraus immer durch wissenschaftliche Mitarbeiter:innen (Doktorand:innen) und die Hochschullehrer:innen betreut. So werden im Großteil des Studiums der Chemie Fachwissen und praktische Fertigkeiten sowie Kenntnisse vermittelt, es gibt also durchaus Raum für eine gewisse „Routinelehre“. Werden hier unter Anleitung Teile durch LfbA übernommen, ermöglicht das sogar eine Verstärkung in den individuell wissenschaftlichen Bereichen – die in der Chemie sogar die obligatorische Promotion einschließen.

Im Lehramt sieht es aus fachlicher Sicht ähnlich aus. Noch dazu reduziert sich der Anteil pro Fach auf ein gutes Drittel des regulären Studienumfangs. Kein Wunder also, dass man da kaum in die streng wissenschaftliche Lehre mit eigenständiger wissenschaftlicher Betätigung übergehen kann. Das mag von Fach zu Fach etwas unterschiedlich sein, aber auch in den Erziehungswissenschaften ist sicher ein solcher Umfang an Grundlagen zu legen, dass damit die 5 Jahre Studium schon fast herum sind. Der Begriff „Wissenschaftliche Arbeit“ für die Abschlussarbeit zum ersten Staatsexamen deutet an, dass für die meisten Studierenden dann zum ersten Mal wirklich wissenschaftlich gearbeitet werden kann oder muss.

Dazu kommt – und das ist auch ein Argument für eine gewisse „Routinelehre“ – dass oft eine zu große Zahl Studierender und noch dazu mit teilweise undeutlich ausgeprägter Motivation „unterhalten“ werden muss/soll/will (wie immer man das sehen mag).

Nun kann man meine Argumente aber gerade so gut dafür hernehmen, bei den jetzt ausgegebenen Stellen mehr auf wissenschaftliche Mitarbeiter:innen zu setzen denn auf LfbA. Denn sobald die genannten Punkte nicht zutreffen, nimmt die „Routinelehre“ ab und muss oder kann durch echte wissenschaftliche Auseinandersetzung ersetzt werden. So sehe ich mit großem Respekt Fächer, bei denen sich die Wissenschaft mehr auf die akute Auseinandersetzung mit der Gegenwart stützt, denn (zunächst) auf angesammeltes Wissen. So kann mancher Diskurs zur politischen Bildung oder Politikwissenschaft sicher nicht „aus der Schublade“ gezogen werden, weil sich die Randbedingungen dafür im Vergleich zu Naturgesetzen doch recht schnell ändern. Hier ist der Bedarf, mindestens ein Ohr näher an der aktuellen Situation zu haben (ist das schon Forschung?), sicher größer. Auch ist in Fächern mit weniger Studierenden eine ganz andere Lehre machbar und sinnvoll, als vor einem Hörsaal mit 100, 200 oder gar 500 Studierenden.

Als kurzes Fazit bietet sich an, mal wieder nicht alles über einen Kamm zu scheren! Es würde sich vermutlich – wie immer! – lohnen, zu differenzieren und das jeweilige Ziel der Aktion besser zu definieren.