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Im August treten erneut neun Lehrer:innen im Hochschuldienst ihren Dienst an der Universität an. Sie sind wichtige Akteure im Theorie-Praxis-Transfer zwischen universitärer Lehre und schulischer Praxis: Als Lehrkräfte kommen sie direkt von der Schule und unterstützen die Lehramtsausbildung. Wie sie das tun, erfahren Sie hier.

Der erste Unterrichtsversuch, wie geht das eigentlich? Mit welchen Themen kriegt man die Kids, wie bekommt man einen spannenden Einstieg in die Unterrichtsstunde hin? Und wie gelingt im Chemieunterricht das Schüler:innen-Experiment?

Expert:innen für diese Fragen sind die sogenannten Lehrer:innen im Hochschuldienst (LiH) oder abgeordneten Lehrkräfte an der Universität Leipzig (UL). Obwohl fast alle Studierenden im Laufe ihres Lehramtsstudiums an der UL einmal mit den LiH zu tun haben, kennen die wenigsten die Hintergründe dieser Tätigkeit. Im August, pünktlich zum Schuljahresstart 2022/23, treten erneut neun LiH ihren Dienst an der Hochschule an und beantworten den Studierenden diese und ähnliche Fragen.

LiH sind Lehrkräfte aus sächsischen Schulen, die für einen bestimmten Zeitraum an der Universität arbeiten und die Fachdidaktiken, die Grundschuldidaktiken, die Förderpädagogik oder die Bildungswissenschaften unterstützen. Johanna Schade, LiH in der Didaktik des Deutschen, fasst ihre Sicht auf den Job so zusammen: „Die Kombination der Arbeitsfelder Schule und Universität erachte ich als besonders wertvoll und sinnstiftend für alle am Lehren und Lernen Beteiligten. Durch die Nutzung von Synergieeffekten gelingt es die vielfältigen Aufgabenbereiche in der universitären Lehrer:innenausbildung, der Mentor:innenqualifikation, der Schul- und Unterrichtsforschung sowie der Tätigkeit im Schuldienst effektiv und anspruchsvoll miteinander zu verbinden.“ Was genau macht diese Verbindung von Schule und Universität aus? LiH haben eine mindestens zweijährige Berufserfahrung als Lehrkräfte an Schulen, wenn sie sich auf eine Abordnungsposition bewerben. Sie werden durch das Sächsische Staatsministerium für Kultus (SMK) an die Universität abgeordnet während ihr Arbeitsverhältnis mit der sogenannten Stammschule bestehen bleibt. Für mindestens drei Jahre ändern sich also Arbeitsort und Arbeitsfeld, am Arbeitsvertrag ändert sich nichts. Zu den Aufgaben der LiH gehören beispielsweise die Begleitung der Schulpraktika sowie die Durchführung von Lehrveranstaltungen. LiH unterstützen darüber hinaus die Mentor:innenqualifizierung – ein Programm, das Lehrer:innen auf das Mentoring jüngerer Kolleg:innen, vor allem von Referendar:innen, vorbereitet.

Neben diesen Aufgaben gehen die LiH vor allem eigenen schul- oder unterrichtsbezogenen Forschungsarbeiten nach. Sie entwickeln und verfolgen ein Promotionsvorhaben unter professoraler Betreuung. Das ZLS übernimmt koordinatorische und vermittlerische Aufgaben für und zwischen den Akteur:innen, d.h. den LiH einerseits, den sogenannten Fachvorgesetzten an den Fakultäten, dem Rektorat, den Schulaufsichtsbehörden und dem SMK. Über das ZLS sind auch alle LiH miteinander vernetzt: Für kollegialen Austausch, für die Diskussion der Forschungsprojekte und für Workshops und Summer Schools, die am ZLS stattfinden.

Die LiH arbeiten an einer besonderen Schnittstelle: Sie sorgen für einen Theorie-Praxis-Transfer, der ohne sie eine Leerstelle bliebe. Sie haben eine Lehramtsstudium hinter sich und erinnern sich gut, was ihnen in den ersten Jahren in Praktika und Referendariaten gefehlt hat. Vor allem wissen sie, wie die Praxis an der Schule aktuell aussieht, was sie in ihrem Job brauchen und was im Studium vielleicht nicht vermittelt wurde. Die Studierenden können bei den LiH also Fragen loswerden, auf die Akademiker:innen vielleicht weniger praktikable Antworten haben. Das wird von den Studierenden oft als besonders wertvoll erlebt und sie bringen den LiH eine große Wertschätzung entgegen. Marco Schöber, der in die Didaktik des Englischen abgeordnet ist, hofft, seinen Studierenden vermitteln zu können, dass es bei der Tätigkeit als Lehrkraft nicht nur um das Fach geht, sondern vor allem um die Menschen, mit denen sie täglich arbeiten. In eine ähnliche Richtung geht auch das Anliegen von Carola de Groote, die als LiH in den Bildungswissenschaften tätig ist: „Ich versuche meinen Studierenden die Vielfalt des Lehrberufs nahe zu bringen und möchte Sie anstiften, sich mit ihren zukünftigen Kolleg:innen zu verbünden, um dringend notwenige Veränderungen im System Schule anzustoßen. Dabei ist mir wichtig, dass die Studierenden verstehen, dass das Unterrichten der schönste Teil unseres Berufs ist.“

Auch in die andere Richtung ist der Erkenntniszuwachs groß. Die Lehre an der UL ist maximal verschieden vom Unterrichten an der Schule. Die LiH setzen sich dafür noch einmal neu mit Didaktik und mit wissenschaftlichen Theorien auseinander. Diese Vertiefung braucht viel Zeit, sie kommt neben der Arbeit als Lehrkraft oft zu kurz. „Nach mehr als 25 Jahren im aktiven Schuldienst“, sagt Carola de Groote „ist es für mich sehr wertvoll, mich wieder mehr den wissenschaftlichen Theorien und Ideen zuzuwenden und diese in Bezug zu meinen Erfahrungen zu setzen. Mir ist auch der Austausch mit meinen Kolleginnen in meinem Fachbereich und mit den anderen LiH sehr wichtig. Da ich in den Bildungswissenschaften abgeordnet bin und dort lehre, habe ich in diesem Bereich sehr viel dazu gelernt, zumal meine Studienzeit noch von einem anderen politischen System geprägt war. Meine Haupterkenntnis ist, dass unsere Professionalisierung eine lebenslange ist und ich bin dankbar, dass ich diese an der UL fortsetzen konnte.“
Marco Schöber aus der Englisch-Didaktik, ergänzt, welchen Wert die Tätigkeit für seine persönliche Entwicklung hat: „Besonders bereichernd finde ich die Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Akteur:innen aus verschiedenen Bereichen, welche den ‚Blick über den eigenen Tellerrand‘ hinaus enorm weitet. Auch die Arbeit mit den Studierenden gibt mir viele Impulse und Ideen für meine Tätigkeit als Lehrkraft.“ Manchmal nämlich stellen die Studierenden Fragen, die auch die LiH sich noch nie zuvor gestellt haben.

Die nächste Mentor:innenqualifizierung zur Rolle der Mentorin findet am 12. und 13.10.2022 jeweils von 15:00 - 18:30 Uhr im Digitalformat statt. Die Anmeldung erfolgt über das Schulportal (https://www.schulportal.sachsen.de/fortbildungen/suche_kategorisierung.php).